Lernort Berufsschule
Mediengestalter Digital und Print = eierlegende Wollmilchsau
Der Beruf Mediengestalter Digital und Print ist aus mehreren Vorgängerberufen hervorgegangen (u. a. Schriftsetzer, Druckvorlagenhersteller, Druckformhersteller), enthält aber auch Anteile weiterer Berufsbilder (u. a. Grafiker, Fotograf, Webentwickler). Die Auszubildenden kommen daher aus sehr unterschiedlichen Betrieben und haben stark unterschiedliche Arbeitsplätze und Aufgaben.
Wenn man dies berücksichtigt, wird eine Tatsache deutlich: die Lernbereiche dieses Berufes sind viel zu umfangreich geworden, als dass sie alle unterrichtet und vermittelt werden könnten.
In der Berufsschule muss also einerseits ein Weg gefunden werden, den unterschiedlichsten betrieblichen Realitäten gerecht zu werden — andererseits muss es möglich sein, aus der Vielzahl an möglichen Unterrichtsthemen eine für viele Auszubildende passende Themenauswahl zu treffen. Und diese Auswahl muss zudem noch flexibel sein, da sich die Anforderungen laufend ändern.
Lehr- und Lerntraditionen
Traditionell ist schulisches Lernen so organisiert, dass der Lehr- und Lernstoff in Fächer eingeteilt ist und dementsprechend vermittelt wird. Innerhalb dieser Organisationsform steht ein Lehrer immer für (s)ein Fach. Dort ist er kompetent, und das kann er am Besten unterrichten.
In der Berufsschule, und insbesondere in einem umfassenden und komplexen Beruf wie dem Mediengestalter Digital und Print ist es aber kaum mehr möglich bzw. sinnvoll, Inhalte nach Fächern zu trennen, da es eine solche Trennung auch in der Praxis der betrieblichen Ausbildung nicht gibt. Und eine einzige betriebliche Wirklichkeit gibt es ohnehin nicht, dafür sind die Ausbildungsbetriebe einfach zu unterschiedlich und die Arbeitsabläufe zu vielfältig.
Das Konzept »Lernen in Lernfeldern«
Im schulischen Teil der Ausbildung zum Mediengestalter Digital und Print wird deshalb das Konzept »Lernen in Lernfeldern« eingesetzt. Der Kerngedanke dieses Konzepts ist: Die Unterrichtsinhalte des Berufes werden nicht mehr nach Fächern unterteilt und unterrichtet. Der Rahmenlehrplan nennt statt dessen eine Anzahl von Lernbereichen, die jeweils Inhalte aus verschiedenen Fächern zu einer sinnvollen größeren Einheit zusammenfasst. Diese Lernbereiche werden »Lernfelder« genannt und beschreiben das zu Lernende nur sehr allgemein, wie z. B. Lernfeld 02 mit der Nennung »Medienprodukte typografisch gestalten«.
Jede Schule muss nun für sich entscheiden, welche konkreten Unterrichtsangebote sie daraus macht. Denn: In jeder Schule sind die Klassen anders zusammengesetzt. Die Schüler kommen aus unterschiedlichen Betrieben und haben individuelle Fachrichtungen und Schwerpunkte.
Wenn das Lernen in Lernfeldern in Reinkultur umgesetzt wird, gibt es erst einmal gar keine Fächer mehr. Unterricht findet statt dessen in sogenannten »Lernsituationen« statt. In einer Lernsituation wird dann das ausgewählte Lernfeld »beackert« und die Schüler haben dort die Gelegenheit, beispielhaft alles zu lernen, was dazugehört, um die im Lernfeld beschriebenen Ziele zu erreichen.
Ein Beispiel für eine Lernsituation im Lernfeld »Medienprodukte typografisch gestalten« könnte z. B. sein: »Erstellung eines Werbeflyers«. Für die Umsetzung einer solchen Situation sollten dann sowohl Klassenräume als auch Rechnerumgebungen zur Verfügung stehen. Die zeitliche Organisationsform ist sinnvollerweise eine längere Blockzeit. Die Schüler lernen in der Regel in Teams und für die Betreuung stehen zu jeder Zeit ein oder mehrere Lehrer zur Verfügung, die sich in den zu lernenden Inhalten auskennen und den Schülern bei der Bewältigung der Lernsituationen und Aufgaben helfen.
Wie bereits erwähnt, braucht dieses Konzept des Lernens seine ganz spezifischen Rahmenbedingungen. So ist die Umsetzung »in Reinform« aus den verschiedensten Gründen denn auch eher selten anzutreffen, da sie mit den realen schulischen Gegebenheiten oft nicht zu erreichen ist. In der Praxis ergeben sich regional ganz individuelle Konzepte, die angepasst sind an die dortigen Bedingungen.
Und was bedeutet das für Sie als Lernende(r)?
DIY – Do It Yourself! Das heisst, Sie müssen ihren eigenen Lernprozess sehr viel mehr selbst in die Hand nehmen als Sie das vielleicht bisher in der Schule gewohnt waren. Das Berufsbild ist komplex, die Inhalte äußerst vielfältig, der eigene Ausbildungsplatz sehr individuell. Das bedeutet: es ist wichtig, den Überblick nicht zu verlieren! Man muss einschätzen können, welche Inhalte der Beruf überhaupt umfasst, und welche Inhalte für die eigene Ausbildung wichtig sind. Aber auch der »Blick über den Tellerrand« ist wichtig, damit ein Arbeitsplatzwechsel nach der Ausbildung nicht zum Problem wird oder schon Schwerpunkte für spätere Karrierewünsche gewählt werden können.
Vernetzt denken!
In solchen Lernszenarien müssen Sie ihr eigenes Wissen recht eigenständig aufbauen und vernetzen. Denn in vielen Situationen steuert nicht mehr ein Lehrer die genaue Abfolge einzelner Arbeitsschritte. Vielmehr bestimmen Sie selbst (oder Ihre Arbeitsgruppe) den konkreten Verlauf der Bearbeitungsschritte einer Aufgabe und das Erreichen des Aufgabenziels, genau so wie Sie in der betrieblichen Ausbildung vielfach auf sich allein gestellt sind und Aufgaben selbständig lösen müssen.
Reicht die Schule allein für eine erfolgreiches Lernen aus?
Nein! Die Unterrichtssituationen, die Sie in der Berufsschule erleben, decken mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr alle für Sie persönlich wichtigen Bereiche Ihrer eigenen Ausbildung ab. Da schulische Inhalte exemplarisch als »für viele wichtig und richtig« ausgewählt werden müssen, fallen spezielle Themen oft an das Ende der Ausbildung oder müssen u. U. sogar ganz weggelassen werden.
Zudem müssen sich die Schulen ständig an veränderte oder neue Ausbildungsinhalte anpassen. So sind längere Erprobungsphasen für bestimmte Lernsituationen vielfach einfach nicht möglich. Manchmal sind mitten in der Ausbildung inhaltliche Einschübe erforderlich, weil neue Themen hinzukommen. Daher werden Sie als Schüler laufend auf neue Situationen stoßen, in denen Sie den Durchblick behalten müssen. Und deshalb ist manchmal auch nicht ganz durchsichtig, warum Unterricht gerade so abläuft und nicht anders.
Konkrete Maßnahmen
Packen Sie Ihre Ausbildung aktiv an. Erarbeiten Sie sich ein individuelles Lernprofil. Nicht jeder lernt auf die gleiche Weise. Finden Sie heraus, welcher Lerntyp Sie sind und mit welchen Lernmitteln Sie am besten lernen können (Lehrbücher, Arbeitsbücher, Nachschlagewerke, Videos, Online-Kurse, allein oder in einer Lerngemeinschaft). Sprechen Sie auch mit Ihrem/-r Ausbildenden über Möglichkeiten, Lernmittel im Betrieb anzuschaffen. Diese Mittel stünden dann mehreren Generationen von Auszubildenden zur Verfügung und die Kosten blieben im Rahmen. Eine Übersicht über Lehr- und Lernbücher finden Sie auf dieser Website in der Liste zur Fachliteratur.
Wo ist »meine« Schule?
Falls Sie eine duale Ausbildung zum Mediengestalter Digital und Print machen wollen, sind Sie für den berufsschulischen Teil Ihrer Ausbildung in der Regel an einen bestimmten Schulstandort Ihres Bundeslandes gebunden. In der nachfolgenden Liste finden Sie die Links zu allen staatlichen Schulstandorten für Mediengestalter in Deutschland. So können Sie hier schon mal schauen, wo Sie hingehen werden …
Liste der Staatlichen Berufsschulen für Mediengestalter Digital und Print